Dienstag, 12. März 2013

Kapitel 69

Niemand scheint so viel Glück zu haben, wenn es darum geht, in der Patsche zu sitzen, schoss es Liam durch den Kopf, als er seine Augen langsam öffnete. Er schien das Unglück scheinbar magisch anzuziehen. Oder war besonders empfänglich dafür. Egal, was es war, nun musste er erstmal herausfinden, wo er diesmal gelandet war. Sein Kopf dröhnte, und Erinnerungen an vergangene Nacht tauchten vor seinen Auge auf. Deboras roter Schopf, der Alkohol, die Beinahe-Schlägerei mit diesen Hip-Hop-Typen und die Massenpanik. »Wo bin ich hier?« flüsterte er für sich in die Stille hinein. Langsam drangen an sein Ohr das gleichmäßige Geräusch eines Wagens, das sich auf einer Kiesstraße fortbewegte. Er fuhr also in einen Auto, vielleicht auch ein Kleintransporter, aber warum war es dann um ihn herum so dunkel? Langsam tastete er um sich herum und berührte Holz. Schnell merkte er, das diese gerade mal eine Armbreite lang war. Wurde er etwa wie Vieh in einer Kiste transportiert!? Er rieb sich seine Augen und hoffte, das wäre nur ein verrückter Traum. Doch dem war nicht so. Das gleichmäßige Geräusch der Reifen auf den Kies, und was Wackeln des Autos ging monoton weiter. Es stand ausser Frage, wie lange er sich noch in dieser Kiste befinden würde. Gefesselt war er überraschenderweise nicht, nur Trinken oder Nahrung hatte man ihn verweigert. Insgeheim hoffte Liam, es würde bald vorbei sein. Auch wenn er keinen Plan hatte, wohin er eigentlich gebracht wurde.

Die Fahrt war für Liam schneller vorbei, als ihm lieb war. Oder er war in der Zwischenzeit wieder eingenickt. Der Wagen kam zum stehen, und einen Moment herrschte absolute Stille. Stimmen konnte er von draussen hören, als wenig später die Schiebetür geöffnet wurde. Die Stimmen wurden lauter, allerdings verstand Liam kein Wort davon. Er war also ins Ausland verschleppt wurden? Die Situation könnte nicht schlimmer sein... Noch vor wenigen Stunden hatte er begonne, ein halbwegs geregeltes Leben zu beginnen, neue Freunde kennenzulernen und nun wurde dies mit einen Schlag zunichte gemacht. Der Deckel der Kiste wurde aufgebrochen und Liam spürte sofort warme Luft hineinströmen. Er war wohl in eine ziemlich sonnige Gegend verschleppt wurden... »Fuori di qui!« befahl eine Männerstimme im strengen Ton. Liam konnte nur erahnen, das es sich dabei um einen Befehl wie Raus handeln musste. Sein ganzer Körper schmerzte, als er sich versuchte, aus der Kiste heruaszuzwängen. Noch immer konnte er nicht ganz glauben, wo er eigentlich gelandet war. Ziemlich unsanft wurde Liam aus dem Wagen gezogen und landete beinahe auf den kiesbedeckten Boden. Er hatte nicht viel Zeit, seine Umgebung genauer unter die Lupe zu nehmen, doch er sah, das er sich mitten in der Einöde befand. Sah man mal von einen zweiten Transporter ab, der ebenfalls vorhanden war. Und die Sonne brannte unaufhörlich hinab, so das ihm schon wenigen Schritten der Schweiß auf der Stirn stand. Es wurden noch einige Sätze ausgetauscht, ehe Liam in den zweiten Wagen förmlich hineingestoßen wurde. Viele Möglichkeiten der Flucht hätte er sowieso nicht gehabt. Er fühlte sich schwach von der Fahrt, was wohl auch am Alkohol lag, und in einer fremden Umgebung bei dieser Hitze würde man schneller wieder an der Leine sein, als man denken konnte. Kurzum; Liam musste sich den Fremden wohl oder übel fügen. Er sah es als gutes Zeichen, das sie ihn weder die Augen verbunden hatten, noch gefesselt hatten.

Die Fahrt schien eine Ewigkeit zu dauern. Die stickige Luft machte es alles nicht gerade einfacher. Und Liams Mund fühlte sich staubtrocken an. Er saß gekauert in einer Ecke, den Kopf auf die Knie abgestützt. Allzulange würde er das nicht mehr durchhalten. Doch er würde schon gerne wissen, was die Fremden mit ihm vorhatten, ehe er abkratzte. Irgendwann hielt der Transporter an und Liam wurde erneut herausgezerrt. Er riss sich zusammen, nicht umzufallen, denn die Hitze schien auch hier gnadenlos. Nur mühsam konnte er hinter verschwommenen Augen erkennen, das sie vor einen riesigen, eisernen Tor standen. Dahinter konnte man große Grünanlagen erkennen, in der Mitte stand ein ebenso riesiges Gebäude, erbaut im Renaissance-Stil. »Più si va!« bellte die Männerstimme, als das Tor wie von Geisterhand aufging. Liam hatte kaum Zeit, sich in Ruhe umzuschauen. Er fragte sich, was er hier sollte. In dieser Umgebung! Diese Art der Entführung war irgendwie sonderbar. Irgendetwas war daran faul. Als sie dem Gebäude näher kamen, wurden immer mehr Details sichtbar; massive Steinbauten, Säulen ... Der Foyer übertraf Liams kühnste Träume. Blanker Marmor überall und ein riesiger Kronleuchter... Als Liam nach oben zur Treppe hinaufschaute, traf ihn beinahe der Schlag: Oben standen dicht beisamen Noah und Laurie!?

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