Donnerstag, 7. März 2013

Kapitel 68

Schon von draussen konnte man die leichte Vibration der Musik wahrnehmen. Die Wände müssten doch zittern! Eine Security schien es zu dieser zeit nicht mehr zu geben; verdammt, Liam fragte sich überhaubt, wie spät es eigentlich war. Der Foyer war düster und nur die gespenstischen, bunten Lichter zuckten auf den Boden umher, sobald die große Tür vor ihnen aufging. Überall roch es nach Rauch, und als sie hineintraten, warf es Liam fast um. Dies war eindeutig zu viel des Guten, auch wenn er nur Gelegenheitsraucher war. Und all die tanzenden Körper und Köpfe erleichterten die Orientirung nicht unbedingt. Im Gegenteil; um überhaubt zur Bar zu kommen, musste man sich zeitweise dazwischenquetschen. Auf was hatte er sich da nur eingelassen? Demonstrativ versuchte Liam, seine kleine Gruppe nicht aus den Augen zu verlieren. Insbesondere Deborahs Haare verlor er nicht aus dem Blickfeld, die nur wenige Fußschritte vor ihm ging. Alle steurten auf die Bar zu, an der Spitze natürlich Matthew. Wie durch ein Wunder fanden sie eine Lücke, die groß genug war, damit sich alle anstellen konnten. Die Bestellung übernahm allerdings Matthew selbst, wie Liam bald feststellte, und so bekam er wenige Minuten später ein volles Glas mit einer bräunlichen Flüssigkeit in die Hand gedrückt. Alle verzogen sich in eine etwas ruhigere Ecke an einen großen, runden Tisch. Liam war nicht der Einzige, der skeptisch auf sein Getränk schaute. Auch Stcy schien davon nicht sonderlich begeistert zu sein. »Du willst wohl gleich den Boden küssen, mhm?« brachte sie mürrisch hervor und schob ihr Glas zwischen den Händen hin und her. »Probier es doch wenigstens einmal, Schätzchen.« rief Matthew munter und kippte sich sogleich sein Glas herunter. Stacy verzichtete darauf, während Willie und Erick zögerlich am Glas nippten. Auch Deborah ging es durchaus ruhig an. »Nimms Matthew nicht übel.« schrie sie ihm beinahe ins Ohr, weil die Musik sehr laut war. »Es ist eben seine Art, dich zu begrüßen.« Aus Höflichkeit nahm Liam einen kräftigen Schluck, denn Matthew betrachtete ihn mit einen erwartungsvollen Blick. das zeug brannte wie Feuer in seiner Kehle, doch Augenblicke später machte sich eine gewisse Wärme breit. Er nahm noch einen Schluck, und noch einen, und schon war das Glas leer. Seine Stimmung hob sich deutlich, und quälende Gedanken wie die an Laurie, traten in den Hintergrund. Ehe sich Liam versah, zog ihn Deborah auf die Tanzfläche, etwas abseits vom Tisch. Ein bisschen zögerlich bewegte er seinen Körper im Rhytmus der Musik, doch schon bald hatte er den Dreh raus und wurde offener. Zum Glück hatte der Alkohol noch nicht ganz seinen Verstand benebelt, denn er hielt einen gewissen Abstand zu Deborah.

Die Zeit verging rasend schnell. So schnell, das Liam Deborah irgendwann aus den Augen verloren hatte. Die Musik dröhnte unaufhörlich weiter und Körper tanzen sich an ihm vorbei. Unruhig ließ er den Blick durch die Menge schweifen, selbst seinen Tisch konnte er nicht mehr sehen. Lima befand sich mitten im Strudel, und der Alkohol kündigte rasende Kopfschmerzen an. Sich jetzt noch ein Glas herunterzukippen, würden die Schmerzen nicht besser machen. Er beschloss desshalb, die Toilette aufzusuchen, um die Kopfschmerzen mit Wasser wegzuspülen. Der Weg dahin erschien ihm endlos lang. Und er wusste auch gar nicht so recht, wo die Toiletten eigentlich war. Erst in einer kleinen Nische, an der Liam beinahe vorbeigelaufen war, sah er die kleinen Männchen dazu. Schon draussen konnte er die Menschen zählen, die Schlange standen. Dabei hatte er noch nicht mal das Bedürfniss zu pinkeln. Er wollte einfach nur Wasser, ohne dafür exra bezahlen zu müssen. Ohne auf die anderen Männer und Jungs zu achten, ging Liam an ihnen vorbei an die Tür, die ebenfalls von einer Menschenschlange bestückt war. Erst als jemand ihm gewaltsam am Kragen zurückriss, blieb Liam erpruppt stehen. »Alter, du stellst dich gefällist hinten an!« motzte ihn ein Halbwüchsiger an, der Hip-Hop-Klamotten trug. Seine ketten funkelten im Licht der Neonröhren. Der Alkohol wirkte immer noch, und Liam brauchte einen Moment, um zu verstehen, was sein Gegenüber eigentlich von ihm wollte. Erst, als seine Worte langsam an sein Gehör drangen, schüttelte er den Kopf. »Du verstehst das falsch.« Er hob beide Hände. »Ich will nur was trinken. Verstehst du?« Anscheinend nicht, denn der Halbwüchsige wurde daraufhin nur noch wütender. »Verpiss dich sofort nach hinten oder du kannst dein eigenes Blut vom Boden trinken!« Liam hatte vor ihm keine Angst. Wäre nur nicht der Alkohol, würde er sich nicht so verwundbar fühlen. Doch er entschied, das es klüger war, keinen unnötigen Streit anzufangen. Mit einen Schulterzucken verzog er sich nach hinten an die Schlange, ohne dem Halbstarken nochmal anzusehen. Dann hieß es eben warten. Was machte das schon? Es war bestimmt schon fünf Uhr morgens... Nach einer gefühlten Ewigkeit kam er endlich drann und lief sofort zu einen der Waschbecken herüber. Liam wagte es dabei nicht, sich im Spiegel anzusehen. Stattdessen beugte er sich tief in das Becken und drehte den Wasserhahn auf. Es dauerte etwas, bis das Wasser seine Kehle herunterlief, doch es fühlte sich gut an.

Als Liam fertig war, kam ihm der Gedanke, sich langsam auf die Suche nach den Anderen zu machen. Schließlich kannte er sich in der Stadt nicht gut aus. Und in dem Zustand bezweifelte er, das er auch in seinen Bett aufwachen würde. Seine Suche ging weiter, doch er konnte die Haare von Deborah nicht entdecken. Einmal dachte er, er hätte sie gefunden, doch das stellte sich als eine Verwechslung heraus. Die Stimmung der Partygäste wurde allerdings je unterbrochen, als sich in der Menge plötzlich qualmender Rauch bildete. Zunächst hielten es einige für Effekte der Nebelmaschiene, doch Augenblicke später machte sich Panik breit. Als sich nicht nur eine Rauchwolke bildete, gerieten die Meisten in Panik und liefen kreuz und quer. Das Geschrei wurde lauter und Liam dachte, er höre Schüsse. Um nicht von der Masse mitgerissen zu werden, drückte er sich an der Wand entlang, zurück zu den Toiletten. Er glaubte, Fenster gesehen zu haben. Auch andere hatten diese Idee, und als er ankam, sah er, das sich die ersten am Fenstergriff zu schaffen machten. Er war beinahe bombenfest verriegelt, doch irgendwie schafften sie es doch mithilfe der Metallkörbe zu entriegeln. Immer mehr Leute drängten sich hinein, als sie eine Möglichkeit der Rettung sahen. Die Luft war inzwischen erfüllt mit Gekreische und verzweifelten Rufen. Soziale Rücksicht herrschte schon lange nicht mehr. Wirklich jeder wollte durch dieses Fenster, es war tatsächlich nur eins!, und da flogen deswegen auch schon mal die Fäuste. Liam war gerade dabei, ins Freie zu klettern, zum Glück war das Fenster nicht sonderlich hoch, da wurde er abermals gewaltsam zurückgerissen. Ein Déja-vu-Erlebniss durchfuhr ihn, und einen Moment glaubte er, der Hip-Hop-Typ wäre wieder aufgetaucht. Doch so weit kam es gar nicht, wenn Liam hatte keine Chance sich umzudrehen, da ihm gewaltsam ein Tuch auf den Mund gedrückt wurde. Er wollte nach hinten schlagen, doch das Chloroform entfaltete schon seine Wirkung.

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