Dienstag, 30. Oktober 2012

Kapitel 62

Ein Wunder war, das ihnen bisher niemand gefolgt war. Angestrengt versuchte Liam immer wieder, in der Dunkelheit Geräusche auszumachen. Er konnte nur seinen Atem und den von Noah vernehmen. Als er das Gefühl hatte, jetzt waren seine Schmerzen erträglicher, wollte er aufstehen, doch Noah hielt ihn gewaltsam zurück. Erneut machte sich Liam auf einen Überraschungsangriff gefasst und kalter Schweiß brach aus. »Erkläre mir mal die Sache mit den Ordner.« verlangte er und ließ seinen Griff nicht locker. Vor Erleichterung musste Liam beinahe seufzen. Stattdessen schloss er kurz die Augen und spottete: »Was soll ich dir da groß erklären? Hast du nicht die Zeit gehabt, sie selbst zu lesen?« Noah zog die Luft ein. »Ich will es aus deinen Mund hören, kapiert?« Seine Stimme nahm einen ernsten Unterton an. Liam hatte keine andere Wahl. Aus den Griff Noahs konnte er sich in seinen momentanen Zustand jedenfalls nicht befreien. »Wozu willst du das alles wissen?« verlangte er, ehe er seine Geschichte offenbaren wollte. »Ich habe meine Gründe.« erwiederte Noah geheimnissvoll und verstärkte wieder seinen Griff. Liam seufzte etwas. »Ok, ok. Ich werde versuchen, dir alles zu erklären.«
»Ich bin gespannt.« erwiederte Noah und ließ ihn überraschenderweise los. »Die Akte, die wir da rausgeholt haben...« begann Liam. »...Sie handelt von meiner Freundin. Angeblich sei sie bei einen Unfall gestorben, doch ich kann das nicht so ganz glauben. Der Beweis dafür befindet sich in der Akte.« Noah nickte. »Dafür diese ganze Aktion? Um deine kleine Freundin... zu finden?« Er sprach die Worte mit Verachtung aus, was Liam wütend werden ließ. »Dir gibt es nicht das Recht, so über sie zu sprechen! Du kennst sie doch gar nicht!« Auch wenn Liam verletzt war, hielt es ihn nicht davon ab, Noah am Kragen zu packen. Oder zumindest das, was er in die Finger bekam. Im Halbdunkeln sah man nicht besonders viel. »Ach, tatsächlich? Ich weiß eine ganze Menge! Viel mehr, als du dir in deinen Spatzenhirn ausmalen kannst!« Auch Noahs Stimme wurde agressiver und schlug nach Liams Arm. Diese Beleidigung konnte er unmöglich auf sich sitzen lassen. Ehe sich Noah versah, verpasste ihm Liam einen Schlag ins Gesicht, wovon er kurz zurücktaummelte. Überraschenderweise hatte er sich schnell gefangen, denn auch er ließ sich diesen Angriff nicht gefallen. Er wollte zurückschlagen, traf aber lediglich die harte Steinwand, denn Liam konnte in seiner Position mit Knappheit ausweichen. Streiterein löst man nicht mit Worten. Nein, hier schlug man mit Fäusten zu. Liam war sich bewusst, das er der Schwächere von Beiden war. Es gab nicht viel, was er als Verteidigung nutzen konnte, und seine Wunde am Bauch war auch nicht gerade hilfreich. »Was ist? Gibst du schon auf?« rief Noah und strahlte ihn mit der Taschenlampe an. Liam blinzelte, denn der Strahl des Lichtes blendete ihn. Noah kam auf ihn zu, mit der Akte in der Hand. Sein Körper glich einen schwarzen Scherenschnitt. Er warf Liam die Akte entgegen, aus denen einzelne Blätter fielen. Ungläubig starrte Liam auf diese, ehe er wieder Noah auf sich zukommen sah. Liam hob den Arm; mehr als Schutz, als das ihm das Licht blendete. Er erwartete, das Noah ihn jeden Augenblick den Schädel einschlug. Stattdessen kniete er sich vor ihm. Ein Schauer durchfuhr Liam, als er Noahs Stimme flüsternd an seinen Ohr vernahm: »Warum vergisst du sie nicht einfach? Es gibt Besseres...« Schon spürte er erneut die Lippen Noahs auf seinen. Schon wieder fühlte er sich hiflos, wie auf der Krankenstation. Schon bald merkte er, das Noahs Verlangen größer war. Seine Position ließ ihn keine Chance zur Flucht; erneut. Für einen Bruchteil einer Sekunde glaubte er tatsächlich daran, einfach alles zu vergessen. Noahs Berührung unter seinen Nachthemd ließ ihn erzucken. »Die Wunde...« brachte er halb nuschelnd hervor, doch sein Gegenüber schnitt ihm das Wort ab. Er schob sein Nachthemd hoch und hervor kamen die Mullbinden; die schon blutig waren. Zumindest glaubte das Liam zu sehen, ehe sich Noah an seine Brustwarzen ranmachte. Seine erste Reaktion darauf war ein leichtes Stöhnen, was ihn erschrecken ließ. Nur langsam setzte sein Gehirn die Puzzleteile zusammen, die dazu führten, das er hier und jetzt, nach einen Ausbruch, in Krankenhauskleidung und halb verletzt Sex hatte... Die nächsten Minuten vernahm Liam wie in Ekstase und seine Erinnerungen danach glichen einen klassischen Filmriss. Noah streifte ihn seine Unterhose herunter und drückte ihn sanft, aber bestimmend auf die Seite. Liam hatte erneut die Wand im Rücken und ein Keuchen drang aus seiner Kehle, als Noah sein Glied umschlang. »N-Nein...« whisperte er, doch Noah ließ nicht locker. Die Erregung von Beiden nahm weiter zu, wobei sich Noah nicht entkleidete. Seine Hand glitt hoch und runter, was Liam mit ertsickten Lauten beantwortete. Sein Sperma ergoss sich über den Boden, als Noah ihm einen letzten, harten Kuss gab. Erst dann ließ er von ihn ab.

Wie lange Liam da auf den Boden lag, halb schlafend, halb wachend, konnte er nicht sagen. Nur mühsam kam er wieder auf die Beine und versuchte sich an die letzten Stunden zu erinnern, was ihn nicht ganz gelingen wollte. Wenige Meter vor sich sah er Noah, was ihn für einen kurzen Moment zusammenzucken ließ. Er stand da, seelenruhig mit verschrenkten Armen und beobachtete ihn aufmerksam. »Wenn du soweit bist, können wir weitergehen.« rief er, so als wäre nichts Geschehen. Liam brachte kein Wort hervor und versuchte stattdessen aufzustehen. Seine Bauchwunde meldete sich allerdings wieder und ließ ihn zusammenkrümmen. »Argh...« Er ballte seine Hände zu Fäusten und biss die Zähne zusammen. Nur mit großen Widerwille nahm er Noahs Hilfe entgegen, der ihn vorsichtig hochhob und an der Wand stützte. Es herrschte eisernes Schweigen zwischen Beiden, als sie ihren Weg fortsetzten. Liam bestand darauf, das er die Akte von Laurie mitnahm. Zu einen späteren Zeitpunkt wollte er sie nochmals genauer studieren.
Die Zeit zog sich dahin und die Dunkelheit schien kein Ende nehmen zu wollen. Erst, als der Lichtstrahl der Taschenlampe auf eine verrostete Eisentür fiel, schienen sie endlich am Ziel. Ohne Mühe trat Noah diese auf und ein weiterer düsterer Gang wartete auf sie. Nur mit den Unterschied, das dieser schwach beleuchtet war, das die Taschenlampe unnötig wurde. »Wo sind wir hier?« fragte Liam und blickte sich um. Kabel verliefen an der Wand und in regelmäßigen Abständen leuchteten Lampen, wie in einer Bergmiene. Kleine, ovale Dinger. Am Ende des Ganges erwartete sie diesmal eine einfache Tür aus Holz, die schon halb kaputt war. Dahinter verbarg sich eine Treppe, wie Liam sehen konnte. Jede einzelne Stufe raubte ihn jede Kraft. Ein Geländer zum Stützen gab es nicht. Auch Noah bemerkte dies und legte seinen Arm um seine Hüfte. Mehr oder weniger zog er ihn an der Treppe hoch, bis eine letzte Tür erschien. Dahinter kam der Gang einer Wohnung zum Vorschein, die alles andere als neu war. Im Gegenteil: Es war düster, die Tapete blätterte von der Wand ab und überall lag Holz, Platiktüten und anderer Kram. Eine wahre Bruchbude. »Ein altes Wohnhaus.« erriet Noah seine Gedanken. »Wir werden nicht lange bleiben.« Er führte Liam in einen Raum, dessen Fenster schon mit Brettern zugenagelt waren. Das Licht fiel in unregelmäßigen Streifen auf die Wand und Boden. Er erkannte ein altes Bettgestell mit einer aufgeplatzten Matratze. »Leg dich hin, wenn du willst.« schlug Noah vor, während er aus dem Raum ging. Er hörte ein Klappern aus dem Nebenraum, ehe er wieder zurückkam und am anderen Ende des Raumes Platz nahm. Wohlgemerkt war das Zimmer nicht sehr groß. Der Abstand betrug vielleicht zwei Meter. Doch auch Liams Glieder begannen zu schmerzen und ein Bett wäre jetzt genau das Richtige. Egal, ob es nun eine kaputte Matraze war, oder nicht. Schließlich fiel er in einen unruhigen Schlaf.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen