Der wievielte Krankenhausbesuch war das jetzt? Ich wusste es nicht mehr und schaute mit verschwommenen Blick zur Seite. Das Fenster war angekippt und die Vorhänge tänzelten leicht im Wind. Mein Blick wurde schärfer.
Jemand strich mir das Haar aus meinen Gesicht. Ich drehte meinen Kopf auf die andere Seite und wünschte mir nichts sehnlicher, als das es Liam gewesen war. Doch er war es nicht und Tränen stiegen mir in die Augen. »Es wird alles gut.«
flüsterte die Stimme. Ich brachte einen erstickenden Laut heraus. Diejenige Person, die mir weiterhin sanft das Gesicht streichelte, war Tantchen. Sie lächelte liebvoll auf mich herab und sprach beruhigend auf mich ein. Doch ich wollte es nicht.
Zumindest wollte ich jemand Anderes in den Armen halten. Erst jetzt tauchten einzelne Bilder der Höllennacht vor meinen geistigen Auge auf. »Was ist passiert?« flüsterte ich und richtete mich langsam auf. Tantchen hielt in ihrer Bewegung inne und schaute
mich besorgt an. Statt zu antworten, schwieg sie. Ich senkte meinen Blick und krallte meine Finger in die Bettdecke.
Die nächsten Tage verbrachte ich noch im Krankenhaus und döste mehr oder wneiger vor mich hin. Oft lag ich einfach nur stundenlang da und starrte in die Leere. Man hatte mir sogar angeboten, einen Psychologen zur Seite zu stellen. Doch ich hatte (vorerst) abgelehnt.
Nachdem ich nochmal durchgecheckt wurde, konnte ich nach Hause gehen. Ich fühlte mich leer und in meiner Brust klaffte ein großes Loch.
»Hättest du nicht Lust, auf eine Geburtstagparty zu kommen?« Ablenkung kam in Form von Vivian, indem sie ein paar Tage nach meiner Entlassung bei mir klingelte. Sie hielt mir ein kleines Säkchen hin, was sich als Genesungsgeschenk herausstellte.
Ich schaute hoch zum Himmel und überlegte. Ablenkung war wohl das Beste, der Meinung war auch Tantchen. »Wer hat denn Geburtstag?« fragte ich nach und schaute sie wieder an. »Eine Cousine von mir. Sie meinte, ich könnte ruhig Freunde, auch von außerhalb mitbringen.
Meine Verwandten sehen das nicht so eng, wenn ich ihnen neue Personen vorstelle.« erklärte sie und schaute mich freudenstrahlend an. »Aber ich kenne doch kaum jemanden, ausser dir.« rief ich und schaute sie zweifelnd an. »Das macht nichts.« Vivian wedelte mit der Hand.
»Aaron wird auch dabei sein. Allerdings... du weißt ja, was Alkohol gerne bei ihm auslöt. Halte dich von daher nicht allzulange bei ihm auf, wenn es spät wird. Aber hey; ich kann dir ja eine meiner Cousinen vorstellen. Sie kommt auch aus Oslo.« Wieviel Argumente würde Vivia wohl noch bringen?
Alles lief wohl darauf aus, doch zu dieser Geburtstagsfeier zu gehen. »Ok. Wann findet sie statt?« Zunächst schaute mich Vivian verwundert an, umarmte mich aber daraufhin freudenstralend. »Morgen um Dreizehn Uhr geht es los.«
Mit gemischten Gefühlen stand ich am nächsten Morgen auf. Ich fühlte mich wie unter Räder gekommen, zumal ich die halbe Nacht kein Auge zubekommen hatte. Zuviele Gedanken und Erwartungen schossen mir durch den Kopf. Doch der schlimmste Gedanke, der mich quälte war der Tod von Liam.
Ok, eigentlich war er gar nicht tot. Bisher hatte ich noch keine Nachricht von der Polizei bekommen, das sie dessen Leiche gefunden hätten. Der Gedanke, ihn für immer verloren zu haben, schmerzte unheimlich. Immer und immer wieder liefen mir Tränen über das Gesicht. Etwas mutlos stand ich also vor
meinen Kleiderschrank und schaute, ob ich etwas Gbeurtstagstaugliches hatte. Ich entschied mich für ein knielanges Karokleid, was ich mit einer gemusterten, einfarbigen Strumpfhose kombinierte. Dazu noch meine Stiefel und Mantel drüber, fertig war das Outfit. Meine Haare flechtete ich zu einen einfachen Zopf und
schminken tat ich mich nur dezent. Tantchen meinte, sie würde mich abholen, sobald ich anrufen würde. Ich versprach, nicht allzulange zu bleiben. Ich begab mich auf den Weg zu Vivian, da sie mir versprochen hatte, mich mitzunehmen. Die Geburtsgasfeier fand in einen Saal am ihren Arbeitsplatz statt. Glücklicherweise hatte sie
für diesen Tag freibekommen, hatte es sich aber dennoch nicht nehmen lassen, ein paar Tage zuvor schon alles einzudecken und zurechtzustellen.
Ich staunte nicht schlecht, als ich den Saal betrat. »Wow.« rief ich und vergaß für einen Moment meine Sorgen. Von der Decke hing ein riesiger Kronleuchter herunter. An den Wänden waren überall verzierte Lichter angebracht. Rechts von mir sah ich eine kleine Bar. Die Tische waren selbstverständlich festlich gedeckt.
»Sieht prima aus, oder?« stupste mich Vivian an. Ich nickte und war kaum instande, ein Wort herauszubringen. Nachdem ich einen Platz gefunden hatte, sah ich gespannt, wie einer nach dem anderen ankam. Manchmal waren es nur zwei oder drei Personen, oder gar ganze Familien. Einige von den fremden Leuten schüttelte mir sogar die Hand.
Ich fühlte mich etwas ausgeschlossen, und war sehr dankbar, als eine Kellnerin vorbeikam und fragte, ob ich etwas zu trinken haben mochte. Ich nippte Minuten später an meinen Orangensaft und beobachtete weiter die Leute.
»Das hier wäre dann meine neue Freundin Laurie.« ertönte es neben mir und ich schaute verwirrt auf. Vivian stand mit einigen Jungen & Mädchen in meinen Alter vor mir. Alle musterten mich mehr oder weniger und ich hob kurz die Hand. »H-Hi.« Danach saß ich wieder allein da und ich entschied, kurz auf die Toilette zu gehen.
Ich seufzte mein Spiegelbild an und fragte mich, ob das eine gute Idee war. Bisher hatte sich niemand wirklich für mich interessiert und von selbst traute ich mich auch nicht an die Leute heran. »Nach dem Essen fahr ich wieder heim.« flüsterte ich meinem Spiegelbild zu. Zum Glück war ich allein, so das niemand mein Selbstgespräch mithören konnte.
Als ich an meinen Tisch wieder ankam, sah ich, das ein Zettel darauf lag. Unsicher schaute ich mich um. Hatten die anderen Gäste auch welche bekommen? Doch scheinbar war ich die Einzige und ich begutachtete ihn neugierig. Meine Augen wurden größer und ich nahm unwillkürlich eine Hand vor dem Mund. Denn was auf den Zettel stand, war unglaublich:
Laurie! Du musst zur Höhle kommen! Ich weiß jetzt, wer der Mörder ist! X Liam
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