Samstag, 22. Dezember 2012

Kapitel 65

»Willkommen zurück in der Realität.« Das gleichmäßige Piepen von Maschienen und die Stimme von Noah ließ Liam aus seinen traumlosen Schlaf erwachen. Oder hatte sich wohlmöglich doch alles in seiner Fantasie abgespielt? Er fasste sich an die Stirn und stieß einen kleinen Seufzer aus, ehe er sich zu Noah umdrehte, der am Fenster, unmittelbar neben seinen Bett, stand. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und zeigte eine Mischung aus Freude & Ärgernis. »Was ist passiert?« fragte Liam und runzelte verwirrt die Stirn. Er konnte sich kaum noch an etwas erinnern. Noah blieb unbewegt stehen. »Wegen dir machen die da oben Überstunden.« und deutete auf den Himmel. Liam musste über diese Bemerkung lächeln, und wartete ab, bis er weitersprach. »Verdammtes Glück hattest du wieder. Ein paar Knochenbrüche und Verstauchungen. Aber du kommst wieder in Ordnung.« Liam nickte. »Das ist gut. Und was genau ist mir passiert?« »Kann wohl niemand so genau sagen. Man hat dich irgendwo unten am Wald gefunden. Du bist abgestürzt. Aus welchem Grund auch immer. Selbstmord wird es wohl kaum gewesen sein, mhmm?« Ein kleines Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Liam schwieg. Nur ungern wollte er den wahren Grund verraten, an dem er sich kaum erinnerte, und zuckte stattdessen mit den Schultern. Er zog die dünne Decke an sich und starrte die weiße Wand vor sich an. »Dein Schweigen interpretiere ich, das etwas anderes dahinter steckt.« erriet er und zuckte mit den Schultern. Ihm war es scheinbar egal, ob er die Wahrheit wusste oder nicht. Liam bemerkte an sich am Bein etwas ungewöhnliches. Er sah die kleine Erhebung am Fußende seines Bettes und tat es zunächst als ein Medizingerät ab. Er schlug die Decke von sich und staunte nicht schlecht. »Was soll das denn?« Ungläubig und dennoch neugierig schaute er auf eine Art Fußfessel. »Das gehört aber nicht zum Krankenhaus dazu, oder?« Noah, der sich endlich aus seiner Starre löste, trat ein seinen Bett. Er nickte zustimmend mit den Kopf. »Nein, gehört es nicht. Es ist eine elektronische Fußfessel.«

Liam konnte im ersten Moment gar nicht glauben, was er da hörte. War das ein Scherz? Doch es sah verdammt echt aus. Aber das hieße dann auch, das er ... frei war? Naja, fast zumindest. »Und wie kam es dazu?« Noch immer begutachtete Liam alles ganz genau. Auf Noahs Gesicht erschien ein geheimnissvolles Lächeln und er beugte sich zu Liam herunter. Jeden Moment erwartete diese wieder einen Überfall in Form eines Kusses, doch dieser blieb aus. Denn gerade in dem Moment kam eine Krankenschwester mit einen Klemmbrett unter dem Arm, herein. »Die Besuchszeit ist vorrüber. Ich bitte Sie daher, zu gehen.« Ohne ein weiteres Wort entfernte sich Noah von Liams Bett und ging nach draussen. Sprachlos blickte ihm Liam hinterher, während die Frau seine Vitalwerte überprüfte. Als sie fertig war und nach draussen ging, war es still im Zimmer. Abwechselnd schaue Liam auf seinen Fuß und die weiße Wand. Er war durcheinander und wusste nicht so recht, was er von alldem halten sollte. Er wünschte sich, alldem ein Ende zu setzen und zu sterben. Er spürte seine Lebenskraft schwinden, die ihn antrieb, weiter nach Laurie zu suchen. Er lächelte bei den Gedanken. Vor seinen inneren Auge tauchte ihre Gestalt auf. Lachend, und glücklich. Hand in Hand. Liam erhob die Hand ins Leere und hoffte... nun ja... auf was eigentlich? Das sie urplötzlich aus dem Nichts vor seinen Bett auftauchen würde? Er schüttelte den Kopf und ließ den Arm wieder sinken. Was für eine lächerliche Vorstellung. Er drehte sich auf die Seite, verzog aber daraufhin schmerzhaft das Gesicht. Auch jetzt war Liam wieder gezwungen, auf den Rücken zu schlafen. Wie aufs Stichwort wurden ihn daraufhin die Augenlider schwer. Ob ihn die Krankenschwester etwas gegeben hatte? Immerhin war er an diversen Schläuchen angeschlossen. Doch er konnte darüber kaum weiternachdenken. Das Reich der Träume erwartete ihn und nahm ihn zu sich.

Erneut weckten Liam Stimmen. Es waren Gesprächsfetzen, die er hörte, keine vollständigen Sätze. Jemand unterhielt sich angeregt mit einer wortlosen Person. War es ein Telefongespräch? Liam versuchte, genauer hinzuhören. Und erkannte, das es sich dabei um die Stimme von Noah handelte. Erneut war er zurückgekehrt. Was in Liam eine gewisse Freude bereitete. Endlich konnte er die Augen aufschlagen und betrachtete die Decke über sich. Das Gespräch wurde sofort unterbrochen, als Noah zu Liam herüberschaute. Er senkte das Handy von seinen Ohr und hielt den Lautsprecher zu. Wortlos schaute er ihn an, danach rief er knapp ins Handy: »Ich melde mich später nocheinmal.« Als Noah das Handy eingesteckt hatte, wandte er seine volle Aufmerksamkeit Liam zu. Sein Gesichtsausdruck war wieder unergründlich, rätselhaft. »Erklärst du mir nun, was es mit den Fußfesseln an meinen Bein auf sich hat?« Mit ernster, kraftvoller Stimme setzte Liam zum Gespräch an. Er sah Noah direkt in die Augen. Dieser lächelte kurz, wurde daraufhin aber wieder ernst. »Du bist länger kein Insasse eines Gefängnisses. Auf Bewährung bist du draussen. Und dies soll dein Zeuge sein.« Er deutete auf die Fußfessel. »Das Land darfst du bis auf Weiteres nicht verlassen. Ich habe mich schon mit deinen Bewährungshelfer in Kontakt gesetzt.« Liam riss die Augen auf. »Bewährungshelfer? Was soll das Ganze?« In seinen Kopf begann sich erneut alles zu drehen. »Wie zum Teufel hast du das angestellt?« Jetzt wurde er etwas lauter und starrte Noah an. »Du könntest ruhig ein bisschen Dankbarkeit zeigen.« antworte er schnippisch zurück und zog eine Augenbraue hoch. »Sonst würdest du immer noch irgendwelche Bandenkriege ausfechten und in winzigen Zellen hocken.« Er lehnte sich ans Fenster und schaute skpetisch zu Liam herüber. Es herrschte Stille. Vor Anspannung biss sich Liam auf die Zähne. Sein Körper zitterte leicht und war bis zum zerreißen gespannt. »Ich habe meine Quellen.« gab Noah schließlich preis. »Mein Onkel ist der Präsident der vereinigten Staaten.«

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