Ja, es sollte noch schlimmer werden. Wenn ich geahnt hätte, was an dem Tag noch alles passieren würde. Als ich unten im Foyer ankam, wurde ich wie durch magische Hände in Richtung Pathologie geschoben. Eigentlich wollte ich nach Hause. Doch aus irgendeinen unerfindlichen Grund steuerte ich stattdessen diese Abteilung an.
Seid meinen letzten Besuch schien sich nicht viel geändert zu haben. Alles war gleich geblieben. Ich wusste nicht so recht wohin mit mir, doch meine Beine sehr wohl. Ehe ich mich versah, war ich einen der Räume gelandet, wo die Leichen untersucht wurden. Gerade, als ich mich wieder zum gehen bewegen wollte, begann das Licht zu flackern.
Ok, im ersten Moment nichts besonderes. Ich dachte mir, da war bestimmt eine Leitung defekt. Doch das sollte nicht das Einzige gewesen sein. Mir fielen beinahe die Augen heraus, als sich Metallschubladen wie von Geisterhand öffneten. Ich begann zu zittern und wollte weglaufen. Hastig rannte ich zur Tür doch ich merkte, das der Knauf verschlossen war.
Wer um Himmels Willen hatte abgeschlossen!? Panik überfuhr mich wie ein schwerer Laster und ich erinnerte mich an die Szene in Valeries Elternhaus. Würde jetzt gleich eine schreckliche Fratze mich heimsuchen? Es hörte auf zu flackern, doch das Licht wurde schwächer. Ich drückte mich voller Angst gegen die Tür. Das Atmen fiel mir schwer und meine Angst verschnürte mir die Kehle nur noch mehr.
Ich dürfte nur nicht ohnmächtig werden! Und da, im Halbdunkeln konnte ich wie im Gästezimmer der älteren Dame eine Gestalt ausmachen. Alles ein Spiel des Geistes, versuchte ich mir einzureden. Und da, in einer Ecke konnte ich eine hauchdünne Gestalt erkennen. Eigentlich hätte ich daran gewöhnt sein müssen, doch ich konnte es immer noch nicht ganz fassen.
Anders, als im Gästezimmer, konnte ich immer deutlicher erkennen, um wen es sich dabei handelte! Holly Diaz!
Die Kleidung, die sie trug, war verwaschen und durchsichtig. Und Blutbefleckt, was mein Herz zusammenkrampfen ließ. Zitternd streckte ich meine Hand aus. Holly kam näher. Sie schwebte langsam auf mich zu, ihr Blick unendlich traurig. »Was willst du mir damit sagen?« flüsterte ich, doch ich erhielt keine Antwort. Als sie vor mir zum stehen kam, schaute ich sie ehrfüchrtig an, ausserstande mich zu bewegen.
Erneut blieb mir die Luft weg. Jede Bewegung, die ich tat, könnte sie als Bedrohung auffassen. Mit unergründlicher Miene schaute sie mich an, wie es Liam getan hatte. Allerdings verspürte sie keinen Hass. Es musste etwas anderes sein. »Ich werde deinen Mörder finden.« versprach ich ihr. »Du musst mir nur mehr Zeit geben.« Holly nickte kaum merkbar. »Ist es jemand, den ich kenne?« Holly neigte leicht den Kopf und beobachtete sie mich.
Wollte sie abschätzen, wie ich auf ihre Antwort reagieren würde? Als sie ihren Kopf wieder richtete, nickte sie abermals, zögerlich. Das ließ mir weitere zehntausende von Bildern und Situationen durch den Kopf jagen. Das Licht begann erneut zu flackern und plötzlich wurde der Knauf umgedreht. Als die Tür schwungvoll geöffnet wurde, fiel ich geradewegs nach hinten, was meiner Schulter gar nicht gefiel. Der Schmerz durchzuckte meine gesamten Knochen und ich schrie.
Gesichter beugten sich über mich, die ich nicht zuordnen konnte. Das Einzige, was ich wollte, das diese Schmerzen aufhörten. Ich spürte, wie eine Spritze durch meinen Arm gejagt wurde, was meine Gefühle zu betäubten. Der Schmerz wich einem Pulsar. Als man sicherging, das ich niemanden schlagen würde, oder dergleichen, half man mir auf. Anfangs war mein Blick verschwommen, doch ich erkannte, das es Männer waren, die wohl hier arbeiteten.
»Alles in Ordnung mit Ihnen? Wir haben merkwürdige Geräusche aus dem Raum gehört...« versuchte mir einer der Männer zu erklären. Ich nickte nur verwirrt. »Keine Ahnung...« antwortete ich. Es herrschte das totale Chaos in meinen Kopf. »Möchten Sie etwas trinken? Ruhen Sie sich kurz aus, danach rufen wir Ihnen einen Taxi.« was für eine grandiose Idee. Nichts lag mir näher, als nach Hause zu kommen. Ganz gleich, ob Liam immer noch wütend auf mich war.
Das Angebot, mich in einen kleinen seperaten Raum auszuruhen, nahm ich dankend an. Ja, ich fiel sogar in einen zehnmüntigen Schlaf, ehe ich ohne erfindlichen Grund die Augen öffnete. Nachdem ich sicher gestellt hatte, nicht gleich umzukippen, ging ich auf die Tür zu. Auf den Gang suchte ich nach einer Menschenseele, die mir ein Taxi rufen könnte. Als ich niemanden entdeckte, ging ich vor zur Rezeption und bat eine
Mitarbeiterin, mir ein Taxi zu rufen. Ich bedankte mich und ging nach draussen. Die frische Luft tat gut und ich ging auf den Bürgersteig, um auf das Taxi zu warten.
Ich freute mich dennoch innerlich darauf, Liam zu sehen. Da keimte die Hoffnung auf, das er sich doch wieder beruhigt hatte. Ja, wir konnten doch einfach bei einer Tasse Tee alles klären. Ich würde ihn alles erzählen, was passiert war, wo er in der Zwischenzeit fort war. Auch die Beziehung zwischen Nathan. Sie war rein geschäftlich.
Den Einzigen, den ich doch liebte, war Liam. Und niemand anderes. Das musste ich ihn verständlich machen. Ich war so sehr in Gedanken versunken, das ich gar nicht merkte, wie ein Auto vor mir hielt. Natürlich ging ich davon aus, das es das Taxi war. Und auch der zuvorkommende Fahrer hielt mir die Tür offen, und ich stieg ein. Scheinbar hatten mich die Schmerzmittel mein Sehvermögen erheblich beeindträchtigt. Hätte ich sonst merken sollen, dass es eigentlich gar kein richtiges Taxi war?
Ich ließ mich auf den Sitz fallen und glaubte, der Fahrer wusste schon, wohin es ging. »Hat Ihnen die Rezeption Bescheid gegeben?« fragte ich und schaute nach draussen. Mich überkam abermals eine Müdigkeit und mein Kopf fühlte sich schwer an. Nebenwirkungen? Der Fahrer nickte und seine Augen spiegelten sich im Innenspiegel. »Selbstverständlich Miss.« Ich nickte zufrieden und schloss die Augen. Es war seltsam. Dabei hatte ich doch gerade geschlafen, wenn auch nur ein paar Minuten. Ich hoffte, Liam bald in die Arme schließn zu können und ihm alles zu erklären.
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