Etwas erschöpft fiel ich in mein Bett und schaute die Decke über mir an. Irgendwie hatte ich legliches Zeitgefühl verloren, seid ich hier bei Tantchen war. So viel war passiert, und ich war mehr als einmal den Tod von der Schippe gesprungen.
Jemand wollte wohl nicht, das ich mich weiter in den Mordfall einmischte. Meine Augen senkten sich langsam und ich fiel in einen tiefen Schlaf. Befand ich mich zunächst noch im Nirgendwo; war schwerelos, stand ich im nächsten Moment auf feuchten Waldboden.
Meine Füße waren nackt und ich trug ein knielanges, beigefarbendes Kleid. Unsicher schaute ich mich um. Der Wald gefiel mir ganz und gar nicht. Er war düster und Nebel lag in der Luft. Es fröstelte mich und ich schlang meine Arme um meinen Körper. Eisatem verließ meinen Mund.
Und da, in der Ferne, erblickte ich plötzlich eine Gestalt. Zunächst verschmolz diese fast mit den übrigen Tannen, die wie mächtige Pfeiler in Reih und Glied standen. Doch dann wurde sie langsam schärfer, und schon bald erkannte ich, das es sich dabei um Cathrin handelte. Sie stand einfach nur da,
und tat keine Anstalten, zu mir zu kommen. Mein Herz hämmerte mir in der Brust. Etwas mulmig war mir schon zumute. Doch ich nahm meinen Mut zusammen und ging zögerlich auf sie zu. Die letzten Meter rannte ich förmlich, und kam vor ihr zum stehen.
Insgeheim war ich glücklich, sie wieder zu sehen. Doch heute war etwas anders. Im Gegensatz zu unseren letztem Treffen, trug sie heute ein cremefarbendes Kleid, das an vielen Stellen allerdings blutbefleckt und verschmutzt war. »Ich habe Vincent getroffen.« eröffnete ich ihr und wartete auf ihre Reaktion.
Cathrin lächelte schwach und ergriff meine Hand. Ich wollte sie zurückziehen, war aber zu langsam. »Geht es ihm gut?« whisperte sie und schaute mich sorgevoll an. Ich nickte. »I-Ich glaube ja.« antwortete ich langsam. »Warum sind wir hier? Was ist passiert?« Ich schaute mich nochmals um, während Cathrin meinen Blick folgte.
»Du musst zurück zum Friedhof.« flehnte sie mich an. Verwirrt schaute ich sie an. »Aber ich war heute schon mal da. Mit Liam. V-Vincent geht es gut. Wenn es dir darum geht.« erwiederte ich. Doch Cathrin ließ nicht locker. »Nein! Du musst da unbedingt hin; Bitte!« Ich trat einen Schritt zurück. »Wenn du mir sagst, um was es geht. E-Es ist mitten in der Nacht... Wie soll ich da hinkommen?«
Zweifelnd schaute ich sie an. »Dann bitte jemanden, dich hinzubringen! Es ist wirklich wichtig!« Ihr Griff verstärkte sich. Es würde mich nicht wundern, wenn ich davon Spuren an meinen Handgelenk davontragen würde.
Ich schaute Cathrin noch einen Moment an, ehe ich endlich nickte. »O-Ok. Aber wo muss ich hin?« Erleichtert über meine Antwort, atmete sie aus und ließ etwas locker. »Zum Mausoleum. Du weißt doch, wo es sich befindet, oder?« »Ja.« Ich hatte es flüchtig bei meinen Besuch gesehen, jedoch
nichts dabei gedacht. Doch ich befürchtete etwas Schlimmes. Hatte Liam nicht gesagt, das wäre das Grab ihrer Eltern? »Ist dort jemand, der sich nicht da aufhalten sollte?« fragte ich besorgt. Cathrin nickte. »Ja! Bitte! Diejenigen sollen nicht die Gräber schänden!« Sie ließ mich los und ich rieb etwas mein Handgelenk.
»Ich werde versuchen, da hinzukommen.« teilte ich ihr mit. »Ich kann aber nicht versprechen, das ich rechtzeitig da sein werde.« vermutete ich und zuckte leicht mit den Schultern. »Du musst einfach dahin.« drängte Cathrin nochmal und sie ging einen Schritt zurück. Eine Brise erfasste sie plötzlich und ehe ich mich versah,
verblasste sie wieder. Ich riss meine Augen auf und befand mich in meinen Zimmer.
Zunächst schaute ich mich verwirrt in der Dunkelheit um. Ich sah, das es Vollmond war, und das Licht ins Fenster hereinfiel. Ich fasste mich am Kopf und überlegte, ob es ein Traum gewesen war.
Ich knipste meine Nachttischlampe an und sah leichte rote Striemen an meinen Handgelenk. Das war vielleicht doch kein Traum gewesen. Langsam stand ich auf. Dabei fiel mir auf, das ich noch meine Kleidung anhatte.
Das sparte etwas Zeit, doch wie kam ich jetzt zum Friedhof? Alleine hinzulaufen, und das in der Dunkelheit wäre viel zu gefährlich und würde zu lange dauern. Mir kam eine Idee! Der Einzige, der mir jetzt helfen könnte, wäre Liam.
Lautlos schlich ich mich nach unten zum Telefon. Hastig schaute ich im Telefonbuch nach seiner Telefonnummer und wählte sie mit leicht zittrigen Fingern. Ungeduldig zählte ich die Sekunden, bis endlich jemand ans Telefon ging. Am anderen Ende wurde abgenommen.
Ich ließ diejenige Person gar nicht erst zu Wort kommen: »Wir müssen sofort zum Friedhof!«
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