»Ich bin über deinen Fall von Holly Diaz und deiner Familiengeschichte bestens informiert.« fing Nathan an. Als ob ich das nicht schon geahnt hätte... »Eigentlich wurdest du auch nur aus einen einzigen Grund angestellt...« verriet mir Nathan. »... um Informationen und geheime Dokumente über deinen Onkel preiszugeben.«
»Meinen Onkel? Willst du damit andeuten, meine Verwandschaft besteht aus Verbrechern?« Ich war verärgert darüber, das Nathan einfach eine Behauptung in den Raum warf. Doch er schüttelte nur den Kopf. »Du verstehst nicht ganz. Ich habe gesagt, das ich bestens über deine Familie Bescheid weiß. Normalerweise werden eine Menge Tests und Prüfungen angestellt, bevor man ins CSI kommt. Doch bei dir war es eine kleine Ausnahme, wie du feststellen wirst. Oder hättest du erwartet, das es wirklich so schnell geht, das man gleich ein eigenes Büro bekommt?«
Natürlich kam es mir etwas suspekt, das ich die Stelle ohne weitere Probleme bekam. Aber wer konnte da ahnen, das es etwas mit meinen Onkel zu tun haben könnte? Ich zermatterte mir das Hirn und überlegte, wer dafür in Frage kommen konnte. Ich ging sämtliche Familienfeiern durch, doch jeder erschien mir bis dahin normal. Oder gab es eigentlich noch Verwandte, die außerhalb von Norwegen? Ich nickte und wartete ab, was Nathan noch zu berichten hatte. Denn ich hatte das Gefühl, das war längst noch nicht alles. »Natürlich musste man irgendwie deine Aufmerksamkeit errgen.« sprach er weiter und lächelte geheimnissvoll.
»Die kleine Holly kam dabei ins Spiel.« lachte er und schaute mich triumphierend an. Meine Augen weiteten sich. »Du hast sie doch nicht etwas umgebracht!?« stieß ich hervor. »Nicht ich habe es getan, sondern jemand anderes. Es gibt gewisse Leute, die die Drecksarbeit für einen machen.« Mein Blick verfinsterte sich. »Wenn du ein kaltblütiger Mörder bist, wer war dann der Mann, der die ganzen Wochen vor mir stand?« Ich kniff meine Augen zusammen und schaute ihn an, entäuscht darüber, abermals von jemanden verraten, den ich vertraut hatte. Nathan trat einen Schritt auf mich zu. »Interpol. Mit den Auftrag, letzte Hinterbliebene aufzuspüren.« antwortete er. Ich begann, kleine Puzzleteile aneinander zu fügen.
»Das Medaillon.« rief ich. »Wolltest du sicher gehen, das es das Bild meines Onkels ist? Hast du dich in der besagten Nacht desshalb an meinen Privatsachen vergriffen?« Er nickte. »Das ist richtig. In dem Moment wurde mir klar, das ich auf der richtigen Spur war. Nun musste ich es mir nur noch wiederbeschaffen.« Weitere Puzzleteile fügten sich zusammen, was mir heftige Übelkeit verursachte. »Das die ältere Dame umgebracht hast, ist deine Schuld.« zitterte ich leicht und schlang meine Arme um den Oberkörper. Ob es an der Kälte lag oder Skruppelossigkeit von Nathan konnte ich nicht ganz beantworten.
»Kein Wunder das du so gelassen reagiert hast, als jemand umgebracht wurde. Und es war bestimmt kein Zufall, das du mitten in der Nacht an dem Haus der älteren Dame vorbeikamst.« überlegte ich laut und stockte. Die ältere Dame meinte, das wäre ihr Mann. Aber dann dürfte die ältere Dame doch nicht tatsächlich meine Tante sein? Ich war verwirrt und hielt meine Hand vor den Mund. Gesprächsfetzen tauchten auf und nun ergab für mich vieles einen Sinn. Es war eine Lüge von ihr, zu behaupten, sie hätte eine Enkelin namens Lauren. In Wirklichkeit handelte es sich dabei um eine Nichte, und das musste ich sein! Mir stockte der Atem und mein Mund fühlte sich staubtrocken an.
Aber sie sah so ... alt aus. War es möglich, das Mom eine ältere Schwester hatte? »Du tust so überrascht.« stellte Nathan fest. »Ich dachte, das hättest du gewusst.«
»Ich bin erstaunt über deine Kombinationsgabe. Warum ist dir das nur nicht viel früher aufgefallen?« Nathan zuckte belustigt die Schultern. Ich ballte meine Hände zu Fäusten. »Aber jetzt, wo du fast die ganze Geschichte kennst... sollten wir langsam zum Ende kommen. Wer könnte da eine bessere Rolle spielen als Reece?« Ich ahnte, das auch er in eine Falle getappt war. Und das lies mich Nathan auch sofort wissen. »Schließlich mussten wir ja auf irgendjemanden den Verdacht lenken. Ein paar manipulierte Beweise vom Tatort und schon war es geschafft. Der perfekte Sündenbock. Deine Entführung, schätze ich, war eine Kurzschlussreaktion. Aber dies ermöglichte mir, dich entgültig zu stellen.«
Ich begann zu lächeln. »Bist du fertig? Oder hast du noch etwas hinzuzufügen?« Ich warf einen Blick auf die gesamte Runde. Das Licht hier oben war spärlich und ich konnte nur vermuten, wo wer stand. »Eine letzte Nachricht möchte ich dir noch mitteilen.« rief Nathan und zog nebenbei seinen Revolver hervor. »Dein Onkel ist bereits verstorben. Jetzt ist es Zeit, ihn zu besuchen.« Ich lächelte wieder in die Runde, ein kleines Abschiedslächeln, ehe ich mich auf das Ende vorbereitete. Der Wind blies erneut in meine Haare. Es war ein komisches Gefühl. Ich hätte nie erwartet, an so einen Ort zu sterben. Ich warf einen Blick in die Tiefe. Unter mir konnte Verkehrsgeräusche wahrnehmen. Ich fragte mich, welche Methode
wohl am schnellsten gehen würde - ein einziger Schuss oder der Sprung aus einen sechsstöckigen Krankenhaus? Die Entscheidung wurde mir abgenommen, als in den Moment ein Schuss fiel. Ich hörte einen Schrei, doch er kam nicht von mir. Ich drehte meinen Kopf etwas zur Seite und sah, das Liam auf mich zugerannt kam. Ich hob meine Hand, spürte aber im nächsten Moment einen stechenden Schmerz. Die Wucht trieb mich über den Rand hinweg und ich spürte, wie ich keinen festen Boden mehr unter den Füßen hatte. Der Horizont hing schief und ich mich erreichten weitere Schreie. Ich wollte nach etwas greifen, schauen, wer es war, doch ich bekam nur Luft zu greifen. Es nützte nichts und ich schloss die Augen. Vielleicht war es besser so.
Eine letzte Silhouette konnte ich erkennen, ehe es entgültig schwarz um mich wurde.
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