»Sind Sie sicher, dass das in Ordnung geht?« Besorgt schaute ich aus dem Fenster. Vor mir sah ich die Lichter der Stadt, die eigentlich schön anszusehen waren, wäre da nur nicht das heftige Gewitter und dieser gewaltige Platzregen. »So gehen Sie mir jedenfalls nicht aus dem Haus. Ich besitze ein paar Gästezimmer. Dort können Sie gerne übernachten.« Die ältere Dame stand hinter mir und lächelte mich freundlich an.
Ich drehte mich um und lächelte ebenfalls zurück. »Das ist sehr großzügig von Ihnen. Danke.« Die ältere Dame nickte. »Müssen Sie morgen arbeiten?« Ich nickte. »Aber ich muss erst Vormittag anfangen. Machen Sie wegn mir keine Umstände.« Die ältere Dame ging wieder in die Küche zurück. Ich folgte ihr und sah, das sie das Abendbrot vorbereitete. »Ich helfe Ihnen.« bot ich an. Wenn ich schon übernachten dürfte, wäre es das Mindeste, was ich tun konnte.
Wir kochten das Essen frisch. Auch während ich das Gemüse schnibbelte, gab es viel zu erzählen. Ja, es kam mir fast vor, als würde ich diese Frau schon ewig kennen. Als der Tisch gedeckt war und alles angerichtet war, sah ich, wieviel wir eigentlich gekocht hatten. Wir hätten glatt noch zwei oder drei weitere Personen einladen können! Aber es schmeckte köstlich. Ich musste mir unbedingt das eine oder andere Rezept aufschreiben.
Das Gästezimmer sah umwerfend aus. Und es glich einen Luxushotelzimmer. An der Wand stand ein riesiges Bett, bedeckt mit mindestens zehn Kissen. Es befand sich eine gehäkelte Tagesdecke darüber. Das Bett selbst war in warmen Weinrottönen gehalten. Die Möbel waren ganz in weiß gestrichen und im Landhausstil gehalten. Es war einfach bezaubernd und ich fühlte mich wie eine Prinzessin. Hinter einer Tür konnte ich ein Bad entdecken, das trotz seiner Größe, sehr funktional eingerichtet war.
Mir blieb vor Überraschung der Mund offen, als ich das Zimmer sah. »Ich wünsche Ihnen eine angenehme Nacht.« rief die ältere Dame. »Nachthemden hängen im Schrank.« wies sie mich an und deutete auf dem größten Schrank. »Ich glaube, im Bad werden Sie alles finden.« Ich nickte und wartete, bis sie aus dem Zimmer ging. »Ich wünsche Ihnen auch eine gute Nacht.« Ich blieb noch lange wach, als ich mich in das Bett legte. Der Regen, der an die Scheibe prasselte, wirkte irgendwie beruhigend. Doch meine Gedanken kreisten wieder umher.
Es war ein einziges Chaos. Während ich noch bei Liam war, tauchte im nächsten Moment das Gesicht von Nathan vor mir auf. Blitze zuckten durch das Zimmer und ließen alles für einen sekundenbruchteil erhellen. Und gerade in dem Moment, wo ich mein Blick auf die gegenüberliegende Wand warf, erstarrte ich. Ich saß sofort kerzengrade im Bett und hoffte so sehr, das mir meine Psyche einen Streich gespielt hatte. Auch wenn ich der festen Überzeugung war, keine Geister mehr zu sehen, sah ich just in dem Moment, wo ein Blitz das Zimmer erhellte, einen
weißen Schatten. Mein Atem beschleunigte und ich wagte es nicht, mich zu rühren. Ich musste müde sein! Anders konnte ich es mir nicht erklären. Warum begann es gerade jetzt wieder? Weitere Blitze zuckten durch das Zimmer, doch die Gestalt tauchte nicht wieder auf. Meine Finger, die ich bis dahin in das Bettlaken gekrallt hatte, entspannten sich etwas. Und ich ließ mich langsam in das Kissen zurücksinken. ich schloss gerade meine Augen, um das Bild zu verscheuchen, das vor mir auftauchte, da ließ mich ein lautes Poltern erneut hochschrecken.
Einen Moment dachte ich, es wäre ein Poltergeist, der diese Geräusche verursacht hatte. Doch im Zimmer sah ich keines dergleichen. Es musste also aus einen der anderen Zimmer kommen. Ob die ältere Dame ausversehen etwas heruntergeschmissen hatte?
Ich wartete noch einen Moment, ehe ich mich auf Zehenspitzen zur Tür traute. Ganz langsam drückte ich die Türklinke herunter und ließ sie einen kleinen Spalt offen. Draussen auf dem Flur herrschte eine Totenstille. Ich lauschte, konnte aber nichts hören. Gerade wollte ich mich wieder in mein Bett zurückbewegen, da vernahm das
leise knacken der Bodendielen. Mich überkam eine Gänsehaut und mein Herz schlug erneut einen Takt schneller. Warum würde die ältere Dame so rumschleichen? Das ergab für mich keinen Sinn. Angespannt stand ich am Türrahmen, und wusste nicht so recht, was ich hätte tun können. Die merkwürdigen Geräusche hörten nicht auf und mir kam die Gewissheit, da konnte etwas nicht stimmen.
Ich nahm all den Mut zusammen, den ich besaß und schlich mich raus aus dem Flur. Es war vielleicht keine so gute Idee gewesen, im stockdunkeln irendwo in einer fremden Wohnung umherzuirren. Ich tastete mich an der Wand entlang und hoffte, bald ein Zimmer zu finden. Ich kam schließlich auch an, ich glaubte, das Wohnzimmer erwischt zu haben. Am liebsten wäre ich sofort wieder umgekehrt. Hätte lauthals geschrieen, doch vor Schreck bekam ich kein Wort heraus. Die hellen Blitze zeigten das Schauspiel vor mir, das einen Horrorstreifen glich. Wenige Meter vor mir stand eine schwarze Gestalt, mindestens zwei Meter groß. Und kräftig gebaut.
Demnach musste es sich also um einen Mann handeln. Er hatte etwas Glänzendes in der Hand, was ich schnell als Messer identifizieren konnte. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. Die Gestalt drehte sich um, und als ein erneuter Blitz durch das Zimmer jagte, sah ich seine eiskalten Augen, was mir das Blut in den Adern gefrieren ließ. Erst jetzt sah ich das viele Blut an der Wand, auf dem Boden, am Fenster... einfach überall. Und mittendrinn die Leiche der älteren Dame. Ich hielt mir die Hand vor den Mund, um nicht loszuschreien. Ein starker Adrenalinstoß gab mir endlich die Kraft, fortzulaufen. Denn ich hatte keine Zweifel, das dieser Mann auch das Messer gegen mich verwenden würde.
Nach wie vor war es äußert schwierig, sich im Dunkeln zu orientieren. Ich lief also quer durch die Wohung. dabei merkte ich gar nicht, das ich am anderen Ende angelangt war, während der Mörder den vorderen Teil einnahm. Ich würde ihn also direkt in die Atme laufen, wenn ich zur Haustür raustürzen wollte. Mir blieb nichts anderes übrig, als die verrückte Idee durchzuziehen, aus dem Fenster zu springen. Entweder nahm ich es in Kauf, mir sämtliche Knochen zu brechen oder als zweites Mordopfer zu enden.
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